Der Schatten vergeht, die Werke aber bleiben.
Der Staatspreis NRW wird seit mehr als 50 Jahren bundesweit alle zwei Jahre ausgeschrieben.
Künstler, Designer und Kunsthandwerker aus den Bereichen MÖBEL, SKULPTUREN, SCHMUCK, KLEIDUNG, MEDIEN und WOHNEN beteiligen sich.
Seit 2001 bin ich dabei. Ich habe es jedes Mal in die Ausstellung und in den Katalog geschafft und bin nun schwer ambitioniert mir diesen Staatspreis endlich zu holen.
Zu meiner Arbeit:
Die Trauringe meiner Eltern liegen seit 35 Jahre in meiner Schublade. Meine Mutter gab sie mir, da sie dachte, dass ich als Goldschmiedin etwas Neues daraus machen könnte. Sie selber hing nicht daran.
Ich hingegen wollte aber nichts Neues daraus machen und habe sie aufgrund dessen Jahre lang nicht angerührt. Erst als mir jetzt bewusst wurde, dass ein Wandel auch ohne das Einschmelzen der Ringe zu gestalten ist, konnte ich mit diesen Ringen arbeiten.
Ich habe diesen Wettbewerb zum Anlass genommen, mich endlich mit den Trauringen meiner Eltern und all den Erinnerungen die damit verbunden sind, wirklich auseinanderzusetzen.
Die innere Beschäftigung mit dem Alten und dem Neuen, dem Hier und Jetzt, bewirkte ein Suchen nach neuen Techniken, Materialien und Kontexten.
Die Arbeit zeigt das Alte und das, was daraus entstanden ist – mich, so wie ich heute bin.
Der Text zu meiner eingereichten Arbeit:
Transit umbra, manent opera.
Es handelt sich bei meiner Arbeit um eine autobiografische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit meiner Familie und meiner Gegenwart.
Die Arbeit besteht aus drei Schmuckstücken, die sich in einem Schaukasten befinden.
Durch die Präsentation im Schaukasten bekommen die Stücke, neben ihrer Möglichkeit sie am Körper zu tragen, eine zusätzliche museale Komponente und dienen zudem als „Raumschmuck“, ähnlich einem Foto das man als Erinnerung aufhängt.
Die linke und mittlere Arbeit greifen die düstere Vergangenheit meiner Familie auf. Diese ist geprägt von Krieg, Flucht und Vertreibung, der Sehnsucht nach der alten Heimat, und der Trauer um die Toten, aber auch von ihrem Überlebenskampf.
Die beiden Schmuckstücke wirken im Vergleich zu der rechten Arbeit statisch und verschlossen, aber auch geheimnisvoll.
Die rechte Arbeit beschreibt meine Person als Künstlerin im Hier und Jetzt und die Auswirkung und Verbindung meiner familiären Vergangenheit.
Dabei zitiere ich vergangene Gestaltungselemente und -materialien wie die sägeartig anmutenden Krappen, die Perlenkette im Verlauf und den Knochen. Die Krappen sind nicht mehr dunkel sondern hell. Der Knochen zeigt sich nun offen und trotz seiner anhaftenden Morbidität, kann man in ihm etwas Schönes entdecken.
Diesen Eindruck habe ich noch mit kleinen Saatperlen im Innern verstärkt.
Er erinnert nun eher an korallartige Strukturen.
Oben habe ich den Anschluss an die Kette mit einem für meine Gestaltung typischen Stilelement versehen: eine verästelte Koralle, die zu wachsen scheint.
Der Knochen, einst ein lebendiges blutbildendes Organ, wird losgelöst vom menschlichen Körper zur toten Materie. In seiner Stabilität ist er dem Stahl vergleichbar, aber 6x leichter.
Ich sehe in der Geschichte und optischen Schönheit eines Knochens eine Verbindung zur Koralle.
Die Arbeit sieht und würdigt das Vergangene, zeigt aber auch das Neue und Schöne, welches daraus entstehen kann.
links / Kette:
Erinnern und Bewahren | verstorbener Vater | noch lebende Mutter | Verschließen | zur Ruhe kommen | Loslassen | Eine letzte Verbindung zwischen Innen und Außen durch Perforation des Knochens.
Mitte / Brosche:
Erinnern und Bewahren | Foto meiner Eltern von 1955 | Die drei weißen Perlen stehen für meine beiden Brüder und mich, die dunkle Perle für meinen verstorbenen Bruder.
Rechts / Kette:
Öffnen | Hinschauen | Wandel | Wachstum | Schönheit | Leben
Anfang Juli die postalische Nachricht, dass meine Arbeit in die Ausstellung aufgenommen worden ist. Wieder einen Schritt weiter!
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Ergänzung:
Am 09.09.2017 wurden die Gewinner des Staatspreises bekannt gegeben, leider habe ich ihn nicht gewonnen.
Dennoch: Die Arbeit an meinem Beitrag zum Staatspreis war für mich sowohl inhaltlich als auch thematisch bereichernd und wichtig.
Sie ist Ausdruck dessen, was mich momentan beschäftigt, bringt mich ins Gespräch mit Menschen und ist: Lebensschmuck.
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